[09.06.2016] Fast 700.000 Menschen in Österreich gehören einem alpinen Verein an, mehr als 500.000 davon sind Mitglied beim Österreichischen Alpenverein. Wie sehr die Berge bewegen, verdeutlichen die Fakten aus unserem Jahresbericht. Für den Sommer- und Wintertourismus lassen sich daraus einige markante Trends ablesen.
Perlen im Netz der Wanderwege
Wie
eine aktuelle Studie zeigt, planen 30 Prozent der Österreicher, ihren
Sommerurlaub 2016 in Österreich zu verbringen. Der Trend, der sich über
die letzten Jahre bereits abgezeichnet hat, ist auch auf den 234 Alpenvereinshütten (417 inkl. jenen des DAV) zu spüren. 72,5 Prozent der
Wanderer kehren im Zuge ihrer Bergtouren zumindest gelegentlich bei
einer Hütte ein, rund 10 Prozent übernachten auch dort.
Mit 13.000 Schlafplätzen (und einer
Million Besucher bzw. 300.000 Nächtigungen pro Jahr) könnte man die Hütten
des ÖAV als größten Beherbergungsbetrieb Österreichs bezeichnen. Doch
der Anspruch an die Schutzhütten ist ein anderer, so
Alpenvereinspräsident Dr. Andreas Ermacora: "Unsere Hütten sind die
Perlen im Netz der Wanderwege. Sie sind in Österreich so gestreut, dass
man als Wanderer ein sicheres Dach über dem Kopf findet, eine Rast
einlegen und sich stärken kann. Die Anzahl ist gerade ausreichend, um
bei Gebirgsdurchquerungen einen Stützpunkt zu finden. In den 90er Jahren
haben die Alpenvereine die Erschließung der Alpen für beendet erklärt
und sich darauf geeinigt, keine weiteren Hütten und Wege mehr neu zu errichten."
Urige Gemütlichkeit
Das
Bekenntnis zu Schlichtheit und Einfachheit ist dem Alpenverein nach wie
vor ein Anliegen: "Die Ansprüche der Gäste steigen, und so mancher
Wanderer wünscht sich etwa bei einer Übernachtung auch eine heiße Dusche
oder eine tadellose WLAN-Verbindung. Doch das lässt sich nicht auf
jeder Hütte verwirklichen, nicht selten müssen die Wirte mit Strom und
Wasser haushalten. Wo es geht, bieten wir einige Grund-Annehmlichkeiten
an, aber auf vielen Hütten wird es auch in Zukunft nur ein Mindestmaß an
Komfort geben. Fließend Wasser im Waschraum, ein Platz im Bettenlager
und ein Hüttenschlafsack statt Bettwäsche – das hat für die meisten
unserer Gäste einen besonderen Charme und ist oft sogar der Grund für
einen Besuch. Mit Gemütlichkeit und Einfachheit auf unseren Hütten sind
wir bisher gut gefahren und der Alpenverein wird in den Bergen sicher
auch weiterhin keine Luxushotels errichten", betont Ermacora.
Umweltgerechte Bewirtschaftung
Weiterentwickeln
werden sich die Alpenvereinshütten dennoch, und zwar in Hinblick auf
einen umweltgerechten und energieeffizienten Betrieb. "Viele unserer
Hütten beziehen ihren Strom bereits aus eigenen, umweltfreundlichen
Kleinkraftwerken. Neben der naturverträglichen Energiegewinnung sind
fachgerechte Trinkwasseraufbereitung und Abfallvermeidung sowie Energie-
und Wassersparmaßnahmen Voraussetzungen, um das Umweltgütesiegel des
Alpenvereins zu erhalten", so der Alpenvereinspräsident. Bereits 111
Hütten tragen das begehrte Emblem und Jahr für Jahr kommen weitere
Häuser hinzu, die die strengen Vorgaben erfüllen.
Auch die Verarbeitung von regionalen Produkten und Lebensmitteln sowie die Zusammenarbeit mit landwirtschaftlichen Betrieben vor Ort ist eine Entwicklung, die der Alpenverein auch auf seinen Hütten forciert.
Besucherlenkung gegen Nutzungskonflikte
"Da
es immer mehr Menschen in die Berge zieht, bedarf es auch
entsprechender Initiativen, um die Besucherströme zu lenken. Das ist
eine sehr große Verantwortung, die wir als alpiner Verein wahrnehmen",
betont MMag. Liliana Dagostin, Leiterin der Abteilung Raumplanung und
Naturschutz im Alpenverein. Als Erhalter von 26.000 Kilometern an Wegen
ist der Alpenverein maßgeblich an der Streuung der Bergsportler
beteiligt. "Spezielle Lenkungsmaßnahmen an 'Hot Spots' wie im Tiroler Sellraintal, in dem etwa sehr viele Skitourengeher unterwegs sind,
sollen zu einem naturverträglichen Miteinander im alpinen Raum
beitragen", so Dagostin.
Unberührte Naturräume als bedrohtes Gut
Der
Stellenwert des Alpenvereins als Naturschutzorganisation und "Anwalt
der Alpen" steigt fortwährend. Schon in seiner Satzung hat sich der
Verein dem Erhalt der Schönheit und Ursprünglichkeit der Bergwelt
verschrieben – und das schon seit 1927. "Unsere 500.000 Mitglieder
nehmen die unberührte Natur durchaus als bedrohtes Gut wahr. Wir können
in dieser Hinsicht auf einen starken Rückhalt in der Bevölkerung bauen.
Unsere Aktivitäten im Natur- und Umweltschutzbereich haben in den
letzten Jahren definitiv zugenommen und es ist zu erwarten, dass die
zukünftigen Entwicklungen diesen Trend noch weiter verstärken", so
Liliana Dagostin.
Handfester Einsatz bei Umweltbaustellen und Bergwaldprojekten
Die
Bereitschaft der Alpenvereinsmitglieder, mit anzupacken, äußert sich in
der regen Beteiligung an den Umweltbaustellen und Bergwaldprojekten des
Alpenvereins. Wege befestigen und Abschneider sanieren, Erosionsstellen
begrünen, Bäume pflanzen oder bei Bergbauern aushelfen: Jeweils
wochenweise arbeiten Freiwillige ab einem Alter von 16 Jahren mit vollem
Einsatz für die Natur. Unterkunft und Verpflegung sind kostenlos. 2015
wurden österreichweit 17 Umweltbaustellen und 16 Bergwaldprojekte
organisiert.
Bewusstseinsbildung
Eine weitere
Initiative zur Bewusstseinsbildung ist das Projekt "Vielfalt bewegt! Alpenverein". Dabei bildet der Verein derzeit ein Team aus
Naturbeobachtern aus, die künftig die Tier- und Pflanzenarten über der
Waldgrenze unter die Lupe nehmen werden. "Ziel von 'Vielfalt bewegt!
Alpenverein' ist es, mithilfe unserer ohnehin bergaffinen Mitglieder das
Biodiversitätsmonitoring über der Waldgrenze zu systematisieren. Die
gesammelten Daten sollen dazu beitragen, Bewusstsein für die Vielfalt
unserer Natur zu schaffen und Lebensräume für gefährdete Arten zu
sichern."
Unfallprävention & Sicherheitsinitiativen
"Es
ist erfreulich, dass angesichts der vielen Bergsportbegeisterten nicht
auch ein Anstieg an Alpinunfällen zu beklagen ist. Doch unsere
Präventionsmaßnahmen scheinen zu greifen", freut sich Mag. Michael
Larcher, Bergführer und Leiter der Bergsport-Abteilung im Alpenverein.
Dennoch, so Larcher, darf man sich mit jährlich 300 Alpintoten in
Österreich nicht zufrieden geben. "Wir brauchen neue, originelle
Initiativen, müssen die Online-Medien noch besser nützen und auch die
Zusammenarbeit zwischen den alpinen Organisationen gehört verstärkt."
Eine
groß angelegte Sicherheitsinitiative unter dem Motto "SicherAmBerg" ist
bereits angelaufen und wird sich in den kommenden Monaten weiter
ausdehnen. So haben allein in der ersten Jahreshälfte mehr als 200
Kletterer an den kostenlosen "Sicher Klettern"-Workshops des Alpenvereins in Westösterreich teilgenommen. Im Herbst wird die Aktion in
den ostösterreichischen Kletterhallen fortgesetzt.
Ausbildung von Multiplikatoren
Mehr
als 5.000 (exakt: 5.188) Bergsteigerinnen und Bergsteiger engagieren
sich in den "Alpinteams" der 196 Alpenvereinssektionen und geben ihr
Wissen und die aktuelle Lehrmeinung in Form von Kletterkursen,
Wanderungen oder Skitouren an die Alpenvereinsmitglieder weiter. In die
Aus- und Fortbildung seiner ehrenamtlich tätigen Tourenführerinnen und
Tourenführer investiert der Alpenverein jährlich mehrere hunderttausend
Euro. Allein im Jahr 2015 wurden von der Alpenverein-Akademie 186
Fortbildungsveranstaltungen für diese Funktionärsgruppe durchgeführt.
Studienergebnisse beim Fachsymposium
Die
gesundheitsfördernde Wirkung des Bergsports steht außer Frage. Um dies
auch mit Zahlen zu belegen, arbeitet der Alpenverein derzeit gemeinsam
mit den Universitäten in Innsbruck und Salzburg an einem
Forschungsprojekt, um die "Effekte des Bergsports auf Lebensqualität und
Gesundheit" wissenschaftlich zu untersuchen. Die Ergebnisse werden im
November 2016 beim "Fachsymposium Bergsport & Gesundheit" in Wien
präsentiert.
Tourenplanung zunehmend digital
Als
Betreiber eines eigenen Tourenportals ist der Alpenverein rechtzeitig
auf einen weiteren Trend im Bergsport aufgesprungen: Die Tourenplanung
erfolgt zunehmend digital. Immer mehr Menschen nehmen Online-Tourentipps
und -Karten sowie Infos zur öffentlichen Anreise zu Hilfe, wenn es um
die individuelle Planung ihrer Wanderungen, Skitouren oder
Mountainbike-Ausflüge geht. Das untermauern die Zahlen aus dem Portal www.alpenvereinaktiv.com: Die Nutzerzahlen steigen Jahr für Jahr um 50
Prozent (derzeit 6.000 Unique User pro Tag) und mit 354.000 Downloads
ist die dazugehörige App eine der erfolgreichsten Touren-Apps überhaupt.
4.454 der gelisteten Touren auf alpenvereinaktiv.com sind derzeit als
Top-Touren des Alpenvereins deklariert, Tendenz steigend.
Sämtliche Fakten zur Jahresbilanz des Österreichischen Alpenvereins finden Sie im Jahresbericht unter http://bit.ly/oeav-jahresbericht-2015.
Pressekonferenz zum Thema im Alpenvereinshaus. v.l.: Liliana Dagostin (Abteilung Raumplanung und Naturschutz), Alpenvereinspräsident Andreas Ermacora und Michael Larcher (Abteilung Bergsport).
Foto: Alpenverein/Gerold Benedikter